Anfang diesen Jahres entschied ich mich dafür, bei der Krankenkasse eine Zweitversorgung mit einem weiteren Aktivrollstuhl zu beantragen. Ich wusste von der Möglichkeit, dies über den Rententräger zu beantragen, was in meinem Fall leider nicht ging. Also blieb mir nur die Option, es über die Krankenkasse zu probieren. Mit einem langen Atem, viel Geduld und einigen Telefonaten war es dann endlich soweit: Ich habe es tatsächlich geschafft!
Ich möchte euch heute also von meinen Erfahrungen berichten und vielleicht den einen oder anderen dazu ermutigen, nach einer Ablehnung nicht sofort aufzugeben. Vorab möchte ich darauf hinweisen, dass dieser Beitrag keine Rechtsberatung ist. Es sind lediglich Erfahrungen und Ratschläge.
Aller Anfang ist schwer.
Reparaturen am Rollstuhl sind gar nicht so selten. Vor allem wer sehr aktiv ist, hat schnell die ein oder andere Verschleißerscheinung. Leider lässt sich nicht immer alles mit ein paar Handgriffen selbst reparieren. Da reicht schon ein Spaziergang am Abend oder am Wochenende und schon ist es passiert: Trotz aller Achtsamkeit fährt man doch mal durch eine Scherbe, eine Schraube löst sich oder fällt ganz heraus und man steht im „besten“ Fall noch irgendwo im Wald oder ist gerade im Urlaub. Vielleicht sogar noch nach 18 Uhr,am Wochenende oder an einem Feiertag. Und nun?
Klar kann ich mich an der Stelle von jemanden abholen und nach Hause bringen lassen – und dann? Genau so entstand mein Gedanke sich nach einer „Zweitbesetzung“ zu erkundigen. Schließlich war das nicht der einzige Vorteil. Nach vielen Gesprächen mit anderen Betroffenen, einigen Recherchen und dementsprechend vielen verschiedenen Meinungen beschloss ich es zu versuchen. Es passierte genau das, was ich erwartet habe: Abgelehnt!
Widerspruch formulieren – Argumente finden!
Einen guten Widerspruch zu schreiben zeitaufwendig und die richtigen Worte zu finden ist nicht immer leicht.
Wer einen weiteren Rollstuhl bei der Krankenkasse beantragt, sollte immer daran denken, dass es eine medizinische Begründung geben muss. Die Krankenkassen sind zu einer so genannten Basisversorgung verpflichtet, somit ist die so genannte Zweitversorgung IMMER eine Einzelfallentscheidung. Ich habe für euch ein paar Punkte zusammen gefasst, die bei einem Widerspruch hilfreich sein können.
- Der Rollstuhl ist im ständigen Gebrauch – hier kann es hilfreich sein kurz aufzuzählen, was euer Begleiter so aushalten muss, z. B. tägliches Aus- und Einladen ins Auto, tägliche Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln, viele unebene Wege im Ort, tägliche Therapien usw.
- Bei größeren Reparaturen gibt es zur Not zwar einen Ersatz, aber da ein guter Rollstuhl genauestens auf die Bedürfnisse seines Benutzers angepasst ist, kann es sein, dass der Ersatz nicht geeignet und somit für mich nicht selbstständig nutzbar ist. Das heißt im schlimmsten Fall die Zeit im Bett verbringen zu müssen, nicht zu Therapien fahren zu können oder nicht am alltäglichen Leben teilnehmen zu können
- Sanitätshäuser sind in der Regel zwischen 9-18 Uhr erreichbar, jedoch nicht an Wochenenden und Feiertagen. Komme ich also in die Situation, dass mir mein Rollstuhl zu Zeiten oder an Tagen kaputt geht, wo keiner zur Reparatur erreichbar ist, verbringe ich mindestens 2 Tage ohne Rollstuhl.
Streng genommen, ist durch die oben genannten Punkte keine durchgängige Basisversorgung gegeben, somit ist eine Zweitversorgung mit einem weiteren Rollstuhl erforderlich. Den Satz habe ich in meinem Fall, genau so nach den oben genannten Punkten aufgeführt. Ebenso, dass sie mich in meinem alltäglichen Leben erheblich beeinträchtigen können und sie nicht dem gesetzlichen Rehabilitationsgedanken entsprechen.
Des Weiteren habe ich folgendes Zitat mit aufgeführt:
„Gemäß § 33 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Vorhaussetzung für die Kostenübernahme durch die Krankenkasse ist u.a., dass das Hilfsmittel im Einzelfall erforderlich ist, um eine Behinderung bei Aktivitäten auszugleichen, die i.S. der Gesetzlichen Krankenkassen zur „Befriedigung der Grundbedürfnisse des täglichen Lebens“ gehören.“
Ein zusätzliches Argument kann sein:
- Bei schlechtem Wetter bringe ich jede Menge Dreck mit in die Wohnung. Niemand läuft mit seinen dreckigen Gummistiefeln, mit denen er durch Matsch und Pfützen gegangen ist, danach durch die eigenen vier Wände. Auch mit Winterschuhen, an denen noch Schneereste, Sand und Streusalz kleben, würde niemand durch seine Zuhause laufen. Das sorgt schnell für einen Verschleiß der Bodenbeläge und bedeutet für mich wiederum einen größeren Hilfe und somit Pflegebedarf.
Den Widerspruch habe ich dann mit folgendem Satz beendet: „Ich bitte Sie um eine Einzelfallentscheidung und stehe Ihnen für weitere Fragen und eine eventuell notwendige Begutachtung gern zur Verfügung.“
Ich hoffe ich konnte dem ein oder anderen etwas weiterhelfen. Bitte denkt daran, es sind lediglich Erfahrungen meinerseits und es ist immer eine Einzelfallentscheidung der Krankenkasse.
Kommentare (4)
Wir haben einen scooter nur für draussen den ich garnicht mal ins auto packen kann .haben einen normalen elektrischen Rollstuhl beantragt und abgelehnt.würde meinen Mann gerne mal Ausserhalb mit nehmen war garnicht geht .
Hallo,
wenn man bei der Krankenkasse angibt einen zweiten Rollstuhl zu benötigen, damit „man mal raus kann“, sind sie leider immer wenig beeindruckt. Ein zweiter Rollstuhl muss medizinisch begründet sein. Manchmal hilft es auch auf die Teilhabe im alltäglichen Leben hinzuweisen. Argumente findest du unter anderem in meinem Beitrag oder du fragst einfach mal in eurem zuständigen Hilfsmittelversorger nach. Die können manchmal auch weiter helfen in solchen Fällen.
Wenn nichts mehr hilft, dann bringt meist nur noch ein Fachanwalt etwas.
Ich drücke euch die Daumen, dass es vielleicht doch noch klappt. Es ist definitiv keine Lösung, dass du deinen Mann nirgends mit hin nehmen kannst.
Hallo, ich habe eine Zweitversorgung, zwei elektrische Rollstühle bekommen. Einen für außen und einen für innen. Schaue Dir meine Fotos an. Die Begründung für den zweiten was: Steigerung der Alltagskompetenz zur Vermeidung erneuter Verschlechterung des Gesundheitszustandes!
Mit Hilfe deiner Tipp werde ich auch mal mein Gluck probieren. Danke!